Die erste Spreewelle des neuen Jahres. Und gerade als man dachte, das war’s mit dem Winter, kommt er noch mal richtig dick um die Ecke. Wir kämpfen dagegen an. Das unwillkürliche, sich rhythmisch wiederholende Zusammenziehen einander entgegenwirkender Muskelgruppen ist ein gutes Mittel gegen den Frust/Frost. Man kann es Zittern nennen. Oder Tanzen.



Seite 1 nimmt sich Zeit für einen behutsamen Aufbau. Statt eines knallharten Brettes eröffnet ein echtes Original die 103. Spreewelle. Der Dr. hatte den Dre raus, als er vor 14 Jahren gemeinsam mit Snoop Dog „The Next Episode“ veröffentlichte. Ein Hiphop-Klassiker, der leider viel zu oft in der entsprechenden Genrerunde bei CRAZY DANCEs vergessen wurde. Das Original „The Edge“ stammt aus den 60ern und Interpret David McCallum sieht heute so aus, als würde er im Vorstand eines DAX-Unternehmens sitzen.

David McCallum – The Edge

Die Fährte nimmt in der Folge unsere 00er Lieblingsband Royksopp auf. Im Sommer 2014 ist eine „Röyksopp & Robyn Do It Again Tour 2014“ Tour geplant. Mit Robyn überraschenderweise. Ganz ohne die und auch schon vier Jahre alt ist „This Space“.


Jetzt ist der Wintermantel abgelegt, man ist einmal kurz auf Klo gewesen und hat den ersten Drink am unglaublich überfüllten Tresen geholt. Die Musik stimmt. Man wippt. Aber die Tanzfläche ist noch leer. Damit sich das ändert treten nun Bitfunk aus Brooklyn auf. Ein noch junges kanadisches Discosoul-Projekt. „Soul Satisfaction“ ist der relativ einfallslose Titel zum auch nicht unbedingt neue Welten entdeckenden Track. Aber er geht in die Beine und dreht das Tempo- und Thermometer ordentlich auf. Bitteschön:

Daft Punk – Bit Funk – Soul Satisfaction

Wenn das erlaubt ist, dann erlaubt mir jetzt noch einen deutlicheren Tanzaufruf, dessen Street Credibility durch zahlreiche Platzierungen in den Jahresbestenlisten von vertrauenswürdigen Musikblogs zwar gesichert scheint – dessen einschlägiger Jahrmarkts-Hookline man aber nur mit viel Mühe eine Existenz zwischen Penetranz (voll) und Eleganz (geht so) zusprechen kann. Die folgende Töne sind somit das genaue Gegenteil zu dieser sehr schwurbelig geratenen Wortannäherung.

Disclosure (feat. AlunaGeorge) – White Noise

Besagter Track wird von AlunaGeorge gefeaturet, gleich darauf gibt es noch einmal einen Soloauftritt der britischen Neosoulectro-Band. „Your Drums, your love“ regelt wieder runter. Eigentlich eine ziemlich klassiche R&B-Ballade. Der Zeitgeist will, dass solche Songstrukturen im hippen Elektrosound-Jäckchen ein Revival feiern.

AlunaGeorge – Your Drums Your Love

Diese Zurückgelehntheit übernimmt in der Folge Vallès, natürlich aus Frankreich. Ziemlich unaufgeregt, dabei aber saucool ist die sortenreine French-House/Nu-Disco/Synth-Pop-Melange, die auf ihrer aktuellen EP St. Lucia zu hören ist. Und das im Jahr 1 nach Random Access Memories. Titeltrack Heartbeat macht klar, wohin die Reise geht und wässert den Mund für eine Langspielplatte.



Dann kommt ein paar Tropfen alten Balsamico-Essigs in formschöner Dose. Seit Beyonces Albumrelease erinnern sich wieder alle gern an die Destiny’s Child-Tage. Die sind lange her, wie man hier z.B. gut studieren kann. Ihre Musik altert allerdings im Vergleich zur Mode kaum. Und es ist dann eine besondere Freude, einen Hit aus der zweiten Reihe derart zeitgemäß aufbereitet zu bekommen. Der Koch heißt Jean Tonique:



Da ist der Sprung nicht mehr weit zu Jamie Lidell. Der hat ja nun wirklich lang genug gewartet auf seinen ersten Spreewelle-Einsatz. Für die Prince-Remineszenz „Blaming Something“ gab es bislang leider nicht den passenden Kontext – das Umfeld war schuld. Nun aber, umrahmt von Destiny’s Child und einer anderen Prince-Liebhaberin, ist seine Zeit gekommen. Hintergründe zur Entstehungsgeschichte von „Blaming Something“ gibt es hier:

Jamie Lidell „Blaming Something“ from Yours Truly on Vimeo.



Der Club brennt jetzt. Die Tanzfläche ist voll. Und der DJ kann fast machen, was er will. Also spielt er einen seiner Lieblingstracks vergangener Tage. Voll nicht 2014, aber aus produktionstechnischen Gesichtspunkten eben auch völlig zeitlos: Nikka Costa mit „Like A Feather“. Das sind Kicks.

Nikka Costa – Like A Feather

Es geht zurück in die Jetztzeit mit Fickle Friends und ihrem Song „Swim“. Ein ziemlich veritables Antidepressivum, dessen zügellose Heiterkeit ganz ein harter Toback für den Novemberfan ist. Klingt dabei irgendwie nach Lilly Allen und Phoenix und wäre minus 5% Zuckergehalt noch schöner.

Fickle Friends – Swim

Wir bleiben fröhlich. Mit den uns fest ans Herz ge- bzw verwachsenen Jungs von Chromeo. Die kollaborieren für ihrer aktuelle Single mit Toro y Moi und singen in bestem Optimismus „Come Aliiiiiive“.

Chromeo – Come Alive

So geht es munter weiter auf der Seite eins. Fast konzeptalbummäßig schließt sich die Akte dann mit einem Reprise auf zuerst genannten David McCallum. Und um die Sache rund zu machen wird die zweite Runde dann ebenfall oldieesk eröffnet. Nämlich von Gilbert O’Sullivan. Und seiner Kuschelrockschnulze „Alone Again (Naturally)“. Das ist ein perfekter – mellow-dramatischer – Popsong, man kann es nicht anders sagen.

Gilbert O’Sullivan – Alone Again (Naturally)

Ähnliche Stimmung, ähnliche Stimme: José González. Der schwedische Barde ist zur Zeit sehr gefragt und dürfte deshalb für das leider sonst ziemlich unter seinen Möglichkeiten bleibenden Ben Stiller-Werk „Walter Mitty“ die entscheidenden Filmmomente vertonen. So zurückhaltend und gleichzeitig weitenausmessend wie „Stay Alive“ hätte der Film mal sein müssen. War er aber nicht. Kann José aber nix für.



Wie man mit edler Zurückhaltung ganz großartige Gefühle initiieren kann, weiß auch Lapsley, ein noch ziemlich unbekannter Act wahrscheinlich aus Skandinavien. Klingt nach einer weiblichen James Blake-Version, baut sich intelligent auf und mündet in einem wirklich herzerweichenden Finale. Bitte hören, merken und wenn dann endlich mal möglich: Kaufen.



Die Seite zwei kriegt dann irgendwann die Kurve und wendet sich auch Zeitgenössischem aus dem Indiepop und dem Singer/Songwriter-Genre an. Es treten da z.B. Maximo Park auf, deren Teaser auf die neue und angeblich letzte Platte „Leave This Island“ interessant nach Depeche Mode klingt. Ja, und auch noch Notwist (ebenfalls neue Platte und Tour in diesem Frühjahr) dürfen ran. Und Finn. – mit einer irritierend anmutigen Version von „Private Dancer“.

Schließlich auch Dawes mit der zurecht sehr erfolgreichen Single „Time Spent in Los Angeles“, ein Vorgeschmack auf den Bonustrack.

Dawes – Time Spent in Los Angeles

Die 103. Ausgabe der Spreewelle wird schließlich beschlossen mit dem bereits erwähnten James Blake und dem sehr schönen, wenn auch nicht unanstrengenden „Enough Thunder“. Die Klavierbalade, die mal auf elektronische Gefrikkeleien verzichtet, unterstreicht, welch großer Musiker dieses Babyface ist. Und: Es ist die perfekte Einstimmung auf den letzten Track. Also erst das hier hören!

James Blake – Enough Thunder

Und nun, der Bonustrack. Heute für Katharina Elisabeth aus Berlin. Herzlichen Glückwunsch zum Doktortitel. Wenn es hier geschrieben steht, wird es wahr.

Auf einen kurzen Winter!

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Seite 1

 

[unordered_list style=“number“ number_type=“circle_number“ animate=“yes“]
  • David McCallum – The Edge (Prolog)
  • Royksopp – This Space
  • Bit Funk – Soul Satisfaction
  • Disclosure – White Noise (/AlunaGeorge)
  • AlunaGeorge – Your Drums, Your Love
  • Vallès – Heartbeat
  • Destiny’s Child – Jumpin‘ Jumpin‘ (JT RMX)
  • Jamie Lidell – Blaming Something
  • Nikka Costa – Like A Feather
  • Fickle Friends – Swim
  • Chromeo – Come Alive (feat. Toro y Moi)
  • Shuggie Otis – Aht Uh Mi Hed
  • Unknown Mortal Orchestra – So Good At Being…
  • Stateless – Falling Into (Swell Session Mix)
  • Yuksek – Dead or Alive
  • Rhye – Hunger
  • Deluxe – Family Show
  • Dawn Day Night – Mister Meanor
  • Foster Sylvers – Misdemeanor
  • David McCallum – The Edge (Epilog)
[/unordered_list]

Seite 2

 

[unordered_list style=“number“ number_type=“circle_number“ animate=“yes“]
  • Gilbert O’Sullivan – Alone Again (Naturally)
  • José González – Stay Alive
  • Lapsley – Station
  • Banks – Waiting Game (Prod. by SOHN)
  • Stateless – Down Here
  • Metronomy – I’m Aquarius
  • AQUILO – Calling Me
  • Maximo Park – Leave This Island
  • Finn. – Private Dancer
  • Kodaline – All I Want
  • Dawes – Time Spent In Los Angeles
  • The Polyphonic Spree – Section 37
  • John Grant – GMF
  • Real Estate – Talking Backwards
  • Rogue Valley – The Wolves And The Ravens
  • RY X – Berlin
  • Mansionair – Hold Me Down (feat. Revier)
  • The Notwist – Steppin‘ In
  • James Blake – Enough Thunder
  • Oisin/Callaghan/Scolard – I’ll Be There…
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