„Wintersleep – Welcome To The Night Sky“
Das mit der Authentizität ist ja so eine Sache. Mit ihr hat man es im Indiepop/rock-Kosmos recht schwer. Und es passiert äußerst selten, dass man beim ersten Geräusch einer Band bereit ist, ihr alles abzunehmen. Wintersleep aber ist so eine Band.
Allein schon die Historie der kanadischen Band riecht nach Echt. Bereits 1994 gegründet, neun Jahre lang Proberaum, dann 2003 Unterschrift beim Indipendent Label „Dependent Music“, erste Platte „Selftitled“, zweite „Untitled“. Und dann stolze zwölf Jahre nach Gründung der Deal mit der EMI. Das klingt nach einem langen Weg. Nach manchmal fehlender Berechnung. Und auch danach, dass alle Beteiligten – Band, Labels, Fans – die ganze Zeit das Gefühl hatten, an diesem „Wintersleep“ könnte was dran sein.
Heute, im Februar 2009 erscheint mit „Welcome To The Nightsky“ das dritte Album der Band in Deutschland. Und es ist – herrlich. Eine sehr abwechslungsreiche Mischung aus Uptempo, Downtempo, Geradeaus und Abwegen. Zusammengehalten von Paul Murphy, dessen Timbre hier an die Editors (Archaeologists“), dort an Interpol („Search Party“) und wieder ganz wo anders manchmal an Michael Stipe („Astronaut“) erinnert. Und immer geht es um echte Gefühle.
Sicher, brandneu klingt nichts von dem, was auf „Welcome To The Nightsky“ zu finden ist. Und doch tut es so gut, Musik ohne Berechnung zu hören, die trotzdem weiß wo sie hin will. Weil sie getrieben ist, von tiefsten – meist melancholischen, machmal resigniert geschüttelten Gefühlen. Sie durchziehen die Songs, drücken sie zwingend durch die Boxen, stellen sie kompromißlos vor dir ab. Vielleicht kommen Wintersleep auch gerade genau richtig. Im Januar/Februar klingelt für gewöhnlich selten jemand und gibt ein solches Packet ab. Aber was soll das Hinterfragen? Auspacken und anhören!
Wer sich am Ende des Winters mit dem zarten Pfeiffen einer Nachtigall eloquent der trüben Jahreszeit entziehen will, der hält es mit Andrew Bird, wer darauf steht, sich dem Sog der Trauer und des Todes der Natur im Winter hinzugeben, der hört Anthony And The Johnsons auf Repeat. Und wer Mut und Realismus walten lassen will, der durchschläft die letzten Nächte des Wintersleep mit dem ergreifenden Indierock eben selber. Haltet durch. Bald ist es vorbei.
9/10
Hightlight: „Laser Beams“