Die Mai-Compilation kommt normalerweise direkt aus dem Kühlregal. Alles ganz frisch und noch originalverpackt. Schließlich ist Hochsaison bei den Neuveröffentlichungen. Doch manchmal kommt es anders. Ein Abend mit Youtube gab den Ausschlag.
 
Der erste richtige Sommertag im Mai. Die Kandidaten für Seite 1 stehen schon fest. Viele der April-Alben warteten noch auf eine Zweit- bzw. Drittverwertung. Darüber hinaus liegen verheißungsvolle Vorabsingles von Phoenix, The National und vor. Und: Der Zu-Prüfen-Ordner zeigt stolze 140 Titel an. Aber dann klicke ich auf die Bandcamp-Seite des britischen Remixers „Reflex“. Und es ist um mich gestehen.
 
Bei aufmerksamen Zuhörern klingelt da was. Schon auf der Einheitswelle im November 2014 war der ehemalige Studioassistent zu hören. Warum mich die Musik von Reflex so aus der Fassung bringt? Weil schon die Auswahl der Songs an sich fetzt. Aber vor allem, weil seine Art zu remixen einfach eine ganz eigene Liga ist. Auskenner Greg Wilson beschreibt das gar als eigene Kunstform – mit dem schönen Begriff „Revisionism“. Die geheime Zutat: Es gibt keine geheime Zutat. Jeder der unendlich langen Liste an Reflex-Tracks kommt komplett ohne Zugabe neuer Elemente aus. Reflex arbeitet ausschließlich mit den unterschiedlichen Originalspuren. Dabei setzt er sie so virtuos zusammen, dass dabei etwas völlig Neues im Altbekannten entsteht.
 
Einer der haarsträubendsten Belege ist das eigentlich schon völlig ab- und durchgenudelte „I Feel Good“. Die Welt und das Internet fragt sich dabei, wie Reflex an die Originalbänder gekommen ist. Doch auch in der sehr erhellenden Backgroundgeschichte zu Nicolas Laugiers Kunst lassen sich dafür keine Anhaltspunkte finden.
 

 
Und so kommt dann eines zum anderen und im Handumdrehen gesellen sich um die Reflex-Klassiker weitere ganz ähnlich groovende Songs, die einfach danach schreien, miteinander ver- und gemischt zu werden. Ein bißchen erinnert mich das an die Vor-Spreewelle-Zeiten. Unter dem sehr dämlichen Namen „Fresh Club“ sammelte ich damals erste Erfahrungen mit Mix-Programmen. Vielleicht wärs ja mal Zeit für ein Re-Release? Einfach „ja bitte“ bei Facebook kommentieren und der alte Sampler wird noch mal neu aufgelegt. Eine verdammt mühsame Arbeit jedenfalls. Aber auch eine sehr beflügelnde. Wenn – wie jetzt auf der ersten Seite der Spreewelle 144 – James Brown und Marlene Shaw im Wettstreit und weit entfernt von ihren eigentlichen Songs zunächst mit je 8, dann mit je 4 Takten „scatten“ und der Übergang von „I Feel Good“ zu „Remember Me“ (und eigentlich „Woman Of The Ghetto“) gelingt, dann nennt man das wohl allerhöchste intrinsische Befriedigung.
 

 
Auch Neues mogelt sich beim Mischen der Tracks in die Seite 1. So scheint Calvin Harris endlich geheilt von seinem Elektrohouse zu sein. Seine neue Platte heißt „Funky Wav Bounces“ und klingt eher nach Mark Ronson als nach Swedish House Mafia. Kein Wunder. Mal wieder hatte  Pharell Williams seine Finger an den Reglern.
 
Es kommen mit Claes Rosen und Jayl Funk dann noch zwei weitere Rework-Artists zu Wort. Neu angerührt werden auf diese Weise Marvin Gaye und Bobby Womack. Auch Todd Terje zählt zu dieser Zunft. Der norwegische DJ und Songwriter hat ein Faible für etwas unbekanntere afro-angehauchte Discotracks und stellt das bei „Fotspor“ von Holm CPU eindrücklich unter Beweis.
 

 
Wenn Euch das jetzt insgesamt zu viel Disco und Soul ist, dann kann ich Euch nicht helfen. Na gut, vielleicht doch. Mit der diesmal eher fetzigen Seite 2. Dort zeigen die oben bereits angekündigten The National, dass wir Großes erwarten dürfen im September. Dann erscheint „Sleep Well Beast“.
 

 
Wir haben noch ein bisschen Platz gelassen für den zweiten Gruß aus der Küche von Phoenix. „Ti Amo“ heißt das Album und diese sehr geile Vorabsingle. Wer hätte gedacht, wie gut Italien und Frankreich zusammen passen?
 

 
Für schwere Gemüter hält die 144 nicht so viel bereit. Sorry, my friends. Immerhin haben wir aber einen Anwärter auf die Ballade des Jahres. Die kommt von Oh Wonder und heißt: „My Friends“. My Friends, genießt den Mai, es ist der beste Monat.
 

 

 

 
Covergestaltung: Spreewelle
Coverlocation: Landstraße
 
 

Seite 1

[unordered_list style=“number“ number_type=“circle_number“ animate=“no“]
  • SoulChef Brazilian Summer
  • Kazy Lambist Doing Yoga
  • Marvin Gaye If This World Were Mine (Claes Rosen Remix)
  • Stevie Wonder Sir Duke (The Reflex VIP Revision Rework)
  • MGMT Electric Feel (Nick Talos vs. CRW Edit)
  • Calvin Harris Heatstroke
  • Calvin Harris Heatstroke (Instrumental)
  • Saint Motel My Type
  • James Brown I Feel Good Remember (Reflex Rework)
  • The Blueboy vs Marlena Shaw Remember Me / Woman Of The Ghetto
  • The Lovin‘ Spoonful Summer In The City
  • Bobby Womack California Dreaming (Jayl Funk Edit)
  • Holm CPU Fotspor (Todd Terje Disco Mix)
  • Parcels Hideout (Disco Despair Remix)
  • Midnight Pool Party Vulnerable
  • Jean Tonique Ft. Dirty Radio Lit Up
  • RAC ft. Rivers Cuomo I Still Wanna Know
  • Phoenix Ti Amo
  • Jordan Alexander Take Me Out Tonight
  • Fhin Quand On Arrive En Ville
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Seite 2

[unordered_list style=“number“ number_type=“circle_number“ animate=“no“]
  • Parcels Allaround
  • Miles From Kinshasa Fireworks
  • Carmody For Desire
  • Brika Don’t Want Your Love
  • Novel Nature Indigo
  • Toma Going Nowhere
  • Young the Giant Amerika
  • Courtship. Sunroof
  • The National The System Only Dreams in Total Darkness
  • Ásgeir Stardust
  • Oh Wonder My Friends
  • John Mayer Youre Gonna Live Forever in Me
  • Klara Survival
  • Michl Everything’ll Change
  • Fhin Eh
  • MaJLo The Birds Song
  • Elvis Presley Pocketful Of Rainbows
  • The Beatles Come Together (David August Reconstruction)
  • Marvin Gaye Whats Going On (The Reflex Revision)
  • Get Down Edits Do For Love (Get Down Edits)
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